Scheinkräfte
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Fliehkraft |
Die Umgebung von der aus eine Bewegung betrachtet wird, heißt Bezugssystem
In beschleunigten Bezugssystemen treten "Scheinkräfte" (engl.: apparent force) auf.;
Standpunkt 1 (ruhendes Bezugsystem) | Standpunkt 2 (beschleunigtes Bezugssystem) |
Beispiel 1
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Moritz (ruhende Beobachter) beobachtet:
Auf Anna wirkt eine Beschleunigung a und damit eine Kraft in Richtung der Beschleunigung. F=m.a
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Anna beobachtet
In meinem Auto(=beschleunigtes Bezugssystem) befinde ich mich als Fahrerin aber in Ruhe. In diesem Bezugssystem muss
also auf mich eine weitere Kraft wirken, so dass die Gesamtkraft null ist:
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Beispiel 2
Wenn man bei konstanter Geschwindigkeit mit einem Bus fährt, wirken keine Kräfte
in Fahrtrichtung. Nun bremst der Bus ab. Wenn keine Kraft auf den Passagier
wirkt, wird er sich mit konstante Geschwindigkeit weiter bewegen (1.
Newtonsches Axiom).
Von außen gesehen bewegt man sich dabei nach dem Trägheitsgesetz kräftefrei weiter, | Relativ zum Bus wird er aber beschleunigt. Im beschleunigten Bezugssystem des Busses wird man also auf eine beschleunigende Kraft schließen, die im Moment des Bremsens auf den Passagier wirkt. |
Beispiel 3: entnommen aus: Leifiphysik
![]() Auf einem Fahrtisch liegt eine Kugel. Der Fahrtisch wird beschleunigt nach rechts gezogen. |
![]() Ein mitbeschleunigter Beobachter auf dem Fahrtisch sieht die Kugel nach hinten bewegen, während er den Wagen als ruhend ansieht. Als Ursache für diese Bewegung der Kugel nimmt er eine Kraft an (Trägheitskraft). Eine solche Kraft nennt man eine Scheinkraft, da sie nur in ganz speziellen Bezugssystemen auftritt. Diese Trägheitskraft ist immer entgegen der äußeren Bewegung (die der bewegte Beobachter nicht wahrnimmt), ihr Betrag ist m·a, wenn a die Beschleunigung des äußeren Systems ist. |
Der Beobachter auf dem Wagen (= Moritz) sieht andere Kräfte als jener, der neben
dem Wagen steht (= Max).
Max beobachtet: Der Wagen wird bezüglich des Bodens mit a beschleunigt. Darauf ist wiederum eine Kugel der Masse m über eine Federwaage befestigt. Die Kugel ist für den Beobachter am Boden ebenfalls beschleunigt, die Federwaage überträgt die Beschleunigung des Wagens auf die Kugel. Deshalb ist sie gespannt und zeigt die beschleunigende Kraft F= m.a an.
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Moritz beobachtet: Moritz sitzt auf dem Wagen, und der Wagen habe Wände, sodass er nicht hinaussehen kann. Moritz sieht die Kugel, die aus seiner Sicht in Ruhe ist. Aber die Feder, die er hält, ist gespannt. Es wirkt also eine Kraft auf die Kugel. Schneiden Sie die Feder durch, so beginnt die Kugel zu rollen, ohne dass Sie eine Kraftwirkung wahrnehmen. Nach dem Trägheitsgesetz aber müsste die Kugel in Ruhe bleiben, wenn keine Kraft wirkt. Entweder ist das Trägheitsgesetz verletzt, oder Moritz muss eine zusätzliche Kraft annehmen. Diese zweite Kraft heißt Trägheitskraft |
Die Trägheitskraft ist eine Scheinkraft und wirkt auf einen
Beobachter, auf den eine Kraft einwirkt, in entgegengesetzter Richtung
dieser Kraft. Die Trägheitskraft
führt zu keiner Beschleunigung eines Körpers, da sie nicht von außen
einwirkt. Die Trägheitskraft kann nur vom Beobachter gemessen werden,
der sich im
beschleunigten Bezugssystem befindet (=das Bezugssystem auf das jene
Kraft einwirkt, die die Trägheitskraft
hervorruft).
Die Summe der von außen einwirkenden Kraft und der Trägheitskraft ist stets gleich null (dynamisches
Gleichgewicht)
Beispiel 5
In einem frei fallenden Bezugssystem erscheint ein
fallender Körper als kräftefrei, da die Gravitationskraft von der
entgegenwirkenden ''Trägheitskraft'' gerade kompensiert wird.
Ein im Fahrstuhl eingeschlossener Beobachter kann prinzipiell nicht zwischen Gravitations- und Scheinkraft
unterscheiden
Beispiel 6 "Im anfahrenden Zug"
Zwischen dem Nichtraucher- und dem Raucherabteil befindet sich in den Zügen eine Pendeltüre. Beschreiben Sie die Bewegung der Türe beim Anfahren des Zuges aus zwei Standpunkten:Als Fahrdienstleiter auf dem Bahnsteig: Der Zug beschleunigt. Er versucht, allen Dingen in ihm eine beschleunigende Kraft mitzuteilen. Die Scharniere der Türe sind nun aber sehr ungünstig, um eine Kraft zu übertragen. Die Türe bleibt deshalb etwas zurück, dem Trägheitsgesetz gehorchend will sie in Ruhe bleiben. |
Als Schaffner im Zug: Ich bin in einem beschleunigten System, auf alles wirken Trägheitskräfte. Soll etwas in Ruhe sein, dann muss eine Kraft ausgeübt werden, welche die Trägheitskraft aufhebt. Den Scharnieren der Türe gelingt das nicht sehr gut, darum geht die Türe auf. Die Trägheitskraft öffnet sie. |
Es gibt also offenbar Systeme in denen das Trägheitsgesetz gilt und solche, in denen es nicht gilt und zusätzliche Trägheitskräfte zur Beschreibung der Bewegungen angenommen werden müssen. Systeme, in denen das Trägheitsgesetz gilt, nennen wir Inertialsysteme Ein ruhendes System ist also ein Inertialsystem. Was ist aber ein ruhendes System? Machen wir einen kleinen Ausflug in die Geschichte der Physik: Eine Frage hat in der Zeit vor Einstein viele Physiker und Physikerinnen beschäftigt: Gibt es unter den vielen unbeschleunigten Systemen ein absolut ruhendes System? Ein System, von dem aus alle anderen Systeme dann einfach beurteilt werden können?
Der ital. Physiker Galileo Galilei
verglich die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne mit einem ruhig dahingleitenden
Schiff. Im Rumpf des Schiffes kann man ohne Bezug zur Außenwelt nicht
feststellen, ob es ruht oder sich gleichförmig bewegt.
Diese Tatsache gilt für alle Inertialsysteme. Alle Inertialsysteme sind aus
diesem Grund gleichberechtigt. Es gibt kein ausgezeichnetes Inertialsystem
(Relativitätsprinzip)
Da sich die Erde dreht, drehen sich alle gegenüber der Erdoberfläche ruhenden Gebäude oder gleichförmig bewegten Verkehrsmittel mit. Die Erde ist daher ein beschleunigtes Bezugssystem. Allerdings beträgt die Erdrotation in 4 Minuten nur etwa 1°. Die Erdrotation ist damit für die meisten Bewegungen zu vernachlässigen. Auch die Sonne bewegt sich wie alle anderen Sterne unseres Milchstraßensystems um den Massenmittelpunkt der Milchstraße. Sie benötigt ca. 300 Millionen Jahre, um eine Kreisbahn zu beschreiben. Auf Grund dieser äußerst langsamen Rotation verändern die Fixsterne am Nachthimmel kaum ihre Positionen.
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Fliehkraft (Zentrifugalkraft) |
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